Brokeback Mountain (2005)

Verfasst von Kalla Malla am 1. September 2012

Im Sommer des Jahres 1963 heuern zwei junge Männer aus Wyoming auf Brokeback Mountain an, um dort eine Schafherde vor Wilderern und Raubtieren zu beschützen. Die beiden Männer, der Rancher Ennis del Mar (Heath Ledger) und der Rodeoreiter Jack Twist (Jake Gyllenhaal) sind grundverschiedener Art, kommen aber dennoch gut miteinander aus und überstehen die Arbeit ohne größere Zwischenfälle. Durch die Einsamkeit in den Bergen kommt es zwischen den rauen Cowboys schnell zu den ersten, unterdrückten Gefühlen, bis das unmögliche geschieht und sich Jack und Ennis letztlich ineinander verlieben. Vor der malerischen Berglandschaft des Brokeback Mountains lassen sie ihrer Liebe freien Lauf. Es soll für beide eine Zeit werden, die sie nie wieder vergessen werden. Dann jedoch zieht der nächste Sommer ins Land und mit ihm das Ende der Arbeit der Männer. Obwohl es ihnen das Herz bricht, beschließen sie, von nun an getrennte Wege zu gehen. Sowohl für Ennis, der kurz darauf seine Verlobte Alma (Michelle Williams) heiratet, als auch für Jack ist dies eine riesige Belastung, denn tief in ihrem Inneren wissen sie, dass sie einander brauchen. Die konservativen Moralvorstellungen in ihren Provinzen macht eine homosexuelle Liebe allerdings unmöglich, so unterdrücken die Männer die Gefühle füreinander und widmen sich ihren Familien. Auch Jack hat mittlerweile geheiratet. Die Glückliche ist Lureen Newsome (Anne Hathaway), die Tochter eines vermögenden Landmaschinenverkäufers. Die Jahre vergehen und die Männer leben mit ihrer Lüge, bis es Jack nicht mehr aushält, und Ennis schließlich einen Brief schreibt. Dieser ist außer sich vor Freude, und fährt mit Jack in die Berge, wo die Beiden sich wieder ganz ihren Gefühlen hingeben können. So geht es die Jahre über hinweg weiter. Aus Angst vor ihrer Liebe zueinander zieht sich Ennis immer weiter von Jack zurück, woran schließlich auch die Ehen der Beiden zu Grunde gehen. Nach ganzen zwei Jahrzehnten des Kummers und der unterdrückten Liebe unternimmt Ennis einen verzweifelten Versuch, Jack zu kontaktieren, doch sein Brief soll für immer unbeantwortet bleiben...

Bislang war die Homosexualität in Filmen für mich ein Thema, wie jedes andere auch, über das ich mir nie weiter Gedanken gemacht habe. Seit ich aber auf die geniale, von Pro Sieben ausgestrahlte Serie "Queer as Folk" aufmerksam wurde, die ich nun jede Woche begeistert verfolge, und seit das Thema dank "Brokeback Mountain" in aller Munde ist, habe auch ich mich mal ausgiebiger mit diesem Aspekt beschäftigt und mir voller Erwartungen den hier besprochenen Film angesehen, auf den ich mich dank unzähliger positiver Reviews und seiner Präsenz bei den diesjährigen Oscars sehr gefreut habe. Für einen höchstwahrscheinlich guten Film sprach dann zudem noch der Name des Regisseurs, Ang Lee, der bereits mit "Tiger & Dragon" ein Gespür für fantastische Dramen bewiesen hat.

"Brokeback Mountain" ist die Verfilmung der gleichnamigen Kurzgeschichte von Annie Proulx, die diese vor einigen Jahren in einer Zeitschrift veröffentlichte, und damit bereits einen Erfolg verbuchen konnte. Seit Jahren schon gilt der Stoff in Hollywood als Geheimtipp und hat nur so auf eine Verfilmung gewartet, nun hat sich dessen endlich jemand angenommen. Das Drehbuch hält sich dabei sehr eng an die Vorlage, schmückt diese natürlich in einigen Punkten noch aus, etwa was die Backgroundstory einiger Nebendarsteller angeht, doch den Fehler, die Intention und die Gefühle der Kurzgeschichte aus den Augen zu verlieren, in dem man sich nicht auf das Wesentliche konzentrierte, begingen Diana Ossana und Larry McMurtry damit nicht. Im Gegenteil, gerade dadurch, dass jede noch so kleine Nebenfigur mit Leben ausgeschmückt wurde, verleiht das "Brokeback Mountain" eine ganz eigene, unverkennbare Note. Der Film entwickelt ein Eigenleben und wird zu etwas glaubhaftem, etwas nachvollziehbarem. Diese Attribute gehen in der heutigen Filmlandschaft leider immer häufiger unter einem Haufen Special-FX und sonstigem unnötigen Firlefanz unter, doch nicht so in diesem Fall: Für "Brokeback Mountain" standen dem Team um Ang Lee nur sehr begrenzte, finanzielle Mittel zur Verfügung, doch die Crew hat das absolut Beste aus dem Stoff herausgeholt, was herauszuholen war.

Ich habe in den letzten Jahren eine Menge Liebesfilme gesehen. Manche davon haben mich bewegt, leider jedoch ließ mich ein Großteil davon völlig kalt. Wenn man immer wieder die selbe Geschichte erzählt bekommt, wie beispielsweise Hugh Grant über Umwege das Herz von Julia Roberts erobert, dann mag dies zwar für Unterhaltung und ein Happy End Feeling zum Schluß sorgen, doch seien wir mal ehrlich, an und für sich braucht keiner diese Filme, die immer wieder auf dem gleichen Gerüst aufbauen. "Brokeback Mountain" ist da anders. Ohne jedwede Übertreibung möchte ich behaupten, dass die Geschichte um die beiden schwulen Cowboys zu dem Schönsten und ergreifendsten gehört, was ich bislang in der Sparte Liebesfilm gesehen habe. Es gibt nicht gerade umwerfend viele Filme, die von sich behaupten können, alles richtig gemacht zu haben, doch auf dieses Melodram trifft das zu.

Es gibt so vieles in diesem Film, das erwähnt werden muss, weil es so toll und überzeugend umgesetzt wurde, dass es schwer ist, einen Anfang zu finden. Alleine schon die Story ist eine Klasse für sich, und ist sehr viel umfangreicher, als ich sie mir im Voraus vorgestellt hätte. Die Handlung beschränkt sich nicht nur darauf, wie sich die beiden jungen Männer auf dem Brokeback Mountain kennenlernen und näher kommen, das macht höchstens das erste Drittel des Films aus. Im weiteren Verlauf gehen Jack und Ennis getrennte Wege, können ihre unbeschreiblich schöne, gemeinsame Zeit aber nie vergessen, was ihr gesamtes, späteres Leben verändern wird. Der Film zeigt eine Zeitspanne von insgesamt 20 Jahren aus dem Leben der beiden. 20 Jahre, in denen viel passiert, in denen Jack und Ennis jeden Moment voller Sehnsucht und Kummer leben, gleichzeitig aber auch die Hoffnung und die Freude auf ein weiteres Treffen nicht aufgeben. Sie versuchen, sich durch Frau und Kinder wieder der "Normalität" anzunähern, doch in jeder der Szenen in denen Jack und Ennis mit ihren Familien zu sehen sind, spürt man fast wie schlecht es ihnen geht. Auch die Hetero-Sexszenen sprechen Bände, die fast wie ein abgesprochener Akt wirken, nicht aber wie etwas, das aus Lust und Leidenschaft geschieht.

Was insbesondere in der ersten Stunde auffällt, ist die wunderschöne Landschaft, in der sich alles abspielt. Selten hat man in einem Film prachtvollere, schönere und farbenprächtigere Naturkulissen gesehen, wie es hier der Fall ist. Der riesengroße, blaue Himmel, der alles überdeckt, die grünbewachsenen Berge, die Flüsse, die Täler.. Ja, "Brokeback Mountain" ist ein absolutes optisches Erlebnis. Auffallend ist jedoch, dass diese Farbenpracht nur dann auftritt, wenn Jack und Ennis glücklich sind. In späteren Szenen, wenn die beiden bei ihren Ehefrauen sind, gleicht die Farbgebung mehr einem gristen grau und ist niemals so liebevoll und wärmend wie die in den Anfangsszenen.

Mit Heath Ledger und Jake Gyllenhaal wurden die beiden Hauptcharaktere mit sehr jungen Darstellern besetzt, die äußerlich wohl sehr viel mehr hermachen, als die umschriebenen Männer aus der gleichnamigen Kurzgeschichte, doch diese Änderung dürfte bei derartigen Schauspielern wohl niemanden ernsthaft stören. Gyllenhaal und Ledger sind zwei völlig unterschiedlich spielende Akteure, die Jack und Ennis einen grundverschiedenen Ton geben, die Männer aber letztendlich eins werden lassen. Jack ist der aufgeschlossene Rodeoreiter, einer, dem nie die Worte ausgehen und der auf den ersten Blick sehr lebenslustig zu sein scheint. Dagegen ist Ennis das krasse Gegenteil, ein Cowboy vom alten Schlag: Verschwiegen, wortkarg, und wenn es darauf ankommt, durchaus gewaltbereit. Zusammen mit Jack entdeckt er in seinem inneren Gefühle, die er bis zu diesem Zeitpunkt immer verdrängen konnte. Die beiden Schauspieler, die noch so ziemlich am Anfang ihrer Karrie stehen, haben mit ihrer Rollenauswahl Mut bewiesen, ein Mut, der sich jedoch auszahlen sollte, wie die beiden Nominierungen für den Academy Award bewiesen.

Die Musik, die teils von Gustavo Santaolalla komponiert wurde, und teils aus recht bekannten Countrystücken besteht, ist abwechslungsreich und einheitlich zugleich. Den ganzen Film durchzieht ein Score, der passender nicht sein könnte. Von sanften, traurigen Melodien, bis hin zu flottem Country von Steve Earle ist alles dabei, was das Herz von jedem höher schlagen lässt, der etwas mit derartigem Sound anfangen kann. Vor "Brokeback Mountain" war ich mir nie darüber im Klaren, wie schön Country eigentlich sein kann, doch der Soundtrack, der seinen Weg in mein CD Regal gefunden hat, hat mich eines besseren belehrt.

Auch dramaturgisch gesehen ist der Film die reinste Perfektion. Die Geschichte um die beiden Männer, deren konservative und intolerante Umgebung, in der das typische Bild des harten und rauen Macho-Cowboys, wie wir ihn wohl alle aus den typischen Clint Eastwood Filmen kennen, zu jeder Sekunde durchschimmert, verliert während der gesamten Spielzeit über nie an Faszination und Gefühl. Es kommt immer wieder zu tragischen Ereignissen, die einen gebannt vor dem Streifen weiterfiebern lassen. Dabei baut sich eine derart starke Verbindung zu den Charakteren auf, dass es einen am Ende vielleicht sogar überrascht, wenn plötzlich unvorbereitet die ersten Tränen kommen.

Fazit: "Brokeback Mountain" wirft das altbekannte Bild über die harten und coolen Cowboys, denen es nie an flotten Sprüchen und schönen Frauen mangelt, gewaltig über den Haufen und zeigt, dass auch diese Männer homosexuelle Gefühle haben können. Das Problem ist nur, dass sie diese nicht zeigen können und sich so einer inneren Belastungsprobe stellen müssen. Wenn sie ihre Gefühle zueinander verleugnen, wird sie der Kummer irgendwann zerfressen, gestehen sie jedoch ihre Liebe ein, werden sie von ihren Mitmenschen nicht akzeptiert. Ang Lee hat dabei alles richtig gemacht und präsentiert sein traurige Liebesgeschichte, durch die jedoch auch immer ein bisschen Hoffnung durchschmimmert, in wunderschönen, überwältigenden und zauberhaften Bildern, die einem den Atem stocken lassen. Hinzu kommt ein Country Soundtrack, der wie die Faust aufs Auge passt, talentierte Jungschauspieler und letztendlich viel, sehr viel Gefühl und Romantik. "Brokeback Mountain" wird sicherlich nicht jedem zusagen, da leider nicht alle Menschen derart tolerant sind, um sich auf homosexuelle Lovestorys einzulassen, doch wer den Mut für etwas Neues, in dieser Form noch nicht dagewesenes mitbringt, wird hier definitiv belohnt werden. Ang Lee hat ein Meisterwerk geschaffen, das bewegt, das Herz berührt und einen lange nicht mehr loslassen wird.