Leoparden küßt man nicht (1938)

Verfasst von Kalla Malla am 7. Juni 2013

Müsste ich die klassische Screwball-Comedy anhand nur eines Films erklären, würde ich »Leoparden küsst man nicht« (»Bringing Up Baby«) nennen, den Howard Hawks 1938 mit so viel Tempo, Intelligenz, Witz und Top-Stars in vollkommener Spiellaune inszenierte, wie man sie sich heute nur noch wünschen kann. Alles, was die Screwball ausmachte, findet sich hier bereits in den ersten Minuten, etwa die Umkehrung der klassischen Geschlechter-Konstellation.

Cary Grant (in seiner vielleicht besten Rolle) spielt köstlich verschroben den trotteligen Dinosaurier-Forscher Dr. David Huxley, der kurz vor einer langweiligen Ehe mit einer noch langweiligeren Verlobten steht und durch die Bekanntschaft mit der völlig durchgeknallten Katharine Hepburn (in ihrer ersten Komödie) als schrullig-exaltierte Susan - Tochter aus gutem, wenn auch verrücktem Haus sowie Babysitterin eines Leoparden - in Beruf und Privatleben erschüttert wird.

Der Mann als Held wird vollständig demontiert, Hepburn dominiert nicht nur alle Figuren, sondern den gesamten Handlungsablauf. Grant kann nur hilflos zusehen, Schaden erfolglos begrenzen und etwas über Leben und Liebe lernen. Die geistreichen Dialoge und Wortspiele (»Jetzt werden Sie nicht auch noch historisch... äh, hysterisch, Susan!«) schleudern sich beide in mörderischem Tempo entgegen, während sie auf meterhohen, schwankenden Leitern stehen, mit pikant zerrissenener Garderobe durch einen Nachtclub marschieren oder auf der Jagd nach entflohenen Raubtieren, Hunden und Knochen durchs Unterholz pirschen. Zur Seite stehen ihnen brillante Nebendarsteller wie Charles Ruggles als Major Applegate (»Wer ich bin? 20 Uhr 10!«) mit Talent zur Imitation von Tierstimmen und May Robson als Hepburns skurrile Tante kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

»Leoparden küsst man nicht« fliegt in seinen 97 Minuten so rasant vorbei, dass man ewig weiterschauen möchte, die Lachmuskeln danken aber, wenn er endet. Er braucht nicht einmal Musik zur Unterstützung. Kann man sich überhaupt vorstellen, dass dieses Meisterwerk bei seinem Erscheinen ein gewaltiger Flop war?